Niederungsgebietes „Akazienstraße/Landstraße“. Gründe, die eine Bebauung verbieten
Kurzfassung in acht Punkten
1.) Sensibles Niederungsgebiet
Das Niederungsgebiet „Akazienstraße/Landstraße“ ist Teil einer Niederung (Eiszeitliche Rinne), die zwei Fließe (Fredersdorfer Mühlenfließ und Neuenhagener Mühlenfließ) miteinander verbindet. Eine Wasserscheide liegt im Bereich des sogenannten Bermudadreiecks. In dem Niederungsgebiet (früher Ackerfläche, heute Grünzug,) liegen mehrere Pfuhle, u. a. der Fennpfuhl zwischen Altlandsberger Chaussee und Akazienstraße/Landstraße. Das Niederungsgebiet, betrachtet von der Wasserscheide/Bermudadreick bis zur Akazienstraße/Landstraße, ist Zuflussgebiet von Wasser aus vielen Hundert Hektar Wohnbebauung, Straßenland und vereinzelt Grünflächen. Eine genaue Angabe zur Größe dieser Zuflussfläche (Einzugsgebiet) fehlt.
2.) Schichten- und Oberflächenwasser
Sieben Investoren scheiterten seit 1990 daran, in dem Niederungsgebiet „Akazienstraße/Landstraße“ (Größe ca. 40.000 qm) einen Wohnpark mit Einfamilienhäusern zu errichten. Der Grund: Die Bedeutung und die Unwägbarkeiten des Schichten- und Oberflächenwassers in dem Niederungsgebiet veranlassten Investoren – nachdem ihnen das Problem bewusst geworden war – von einem solchen waghalsigen Vorhaben Abstand zu nehmen.
3.) Fehlendes Abfluss-Gefälle
In das Niederungsgebiet „Akazienstraße/Landstraße“ fließt naturgegeben von drei Seiten Oberflächen-/Schichtenwasser hinein. Neuerdings mit 2015, erfolgt eine Entwässerung großer Teile der erneuerten Altlandsberger Chaussee sowie die Straßenentwässerung des sogenannten Quartiers 4 (Aldi-Nord-Bereich) in den Bereich des Fennpfuhls und damit in das Niederungsgebiet. Die Vorstellung, dass Regenwasser/Schichtenwasser in diesem Niederungsgebiet auf natürliche Weise über einen Graben ins Neuenhagener Mühlenfließ abgeführt werden kann, ist falsch. Es mangelt an Gefälle, es gibt Senken. Völlig unklar ist die Bewegung des Schichtenwassers. Eben deshalb wurde 1980 auf der gesamten Länge zwischen Fennpfuhl und Landstraße sinnvoller Weise die Verrohrung errichtet. Damit waren weite Teile des umgebenden Siedlungsgebietes vor Stauwasser geschützt. In einem offenen Graben, wie immer er auch hier nivelliert wird, tritt eine Fliessbewegung erst dann ein, wenn der Graben randvoll ist, d. h. Schichtenwasser sich als Oberflächenwasser darstellt. In Höhe Landstraße gab es ein großes betoniertes Wassersammelbecken, in dem u. a. die Verrohrung mündete und bei Bedarf mobile Rohre zur Abführung von Stauwasser dienten. Wenn es notwendig war, wurde zur Hebung und Weiterleitung des Wassers eine Elektropumpe in das Becken gehängt. Das Becken wurde 1990 beseitigt.
4.) Pufferkapazität
Das Niederungsgebiet als ausgeprägter Grünzug hat für die Gemeinde Fredersdorf/Vogelsdorf bezüglich des Wasserhaushaltes in der Landschaft mehrere Funktion: Durch seine Wasseraufnahmenkapazität (Pufferfunktion) bindet es Regenwasser in der Landschaft und verhindert so ein schnelles Abfließen mit den katastrophalen Folgen des Austrocknens (siehe Positionspapier der NABU-Ortsgruppe vom 20. August 2015). In regennassen Jahren und bei anhaltenden Starkregenereignissen wiederum verhindert die Fläche mit ihrer Pufferfunktion Wasserschäden in der umgebenden Bebauung. Bisher traten nur in äußersten Extremereignissen Schäden auf. Sobald die Pufferkapazität dieses Niederungsgebietes sinkt, ist im umliegenden Siedlungsbereich (entsprechend der tatsächlichen Schichtenwasserbewegung) mit Schäden an Grundstücken und Wohngebäuden zu rechnen. Diese unterscheiden sich lediglich in der Häufigkeit ihres Eintretens sowohl was Trockenheit als auch was Wasserschäden betrifft. Es ist völlig egal, ob 20, 30 oder 50 Häuser gebaut werden oder ein schmaler Grünstreifen frei gehalten wird. Fakt ist: Dieses Gebiet ist nicht nur sensibel, es ist durch die vorhandene Bebauung der Umgebung bereits hoch belastet und braucht diese Pufferfläche. Auf andere Funktionen, wie Grundwasserbildung, Artenschutz, gehen wir hier nicht ein.
5.) Hydrologische Gutachten
Die vorliegenden hydrologischen Gutachten sind in ihren Aussagen widersprüchlich. Sie reichen von bebaubar bis nicht bebaubar. Es ist hier nicht der Ort, die Gutachten zu interpretieren. Notwendig ist allerdings den methodischen Hintergrund der jeweiligen Aussagen zu hinterfragen und auf die tatsächliche Datenlage einzugehen.
6.) Datenbasis
Viele Fragen sind offen:
- Wie hat sich über einen längeren Zeitraum (30 bis 50 Jahren) das Oberflächen- und Schichtenwasser in diesem Gebiet und seiner Umgebung verhalten, über welche Angaben verfügen wir und welche Daten fehlen?
- Wie verringert sich die Aufnahmekapazität (Pufferfunktion) dieses Gebietes durch Bebauung, Verfestigung des Bodens und Zerstörung der Grünfläche und welche Veränderungen ergeben sich daraus für den Wasserhaushalt?
- Welche Gefahren gehen von einem zu schnellen Abfluss des Regenwassers für Trockenperioden in der Gemeinde aus? Welche Gefahren gehen in regennassen Jahren und bei andauernden Starkregenereignissen für das Siedlungsgebiet aus?
7.) Gemeindevertreterbeschluss
Die Gemeindevertretung hat beschlossen: „Die Bebauung der im FNP als Bauerwartungsland dargestellten Flächen zwischen Landstraße und Akazienstraße wird aus Gründen der Beachtung der Ziel- und Prioritätsvorgaben der Landesplanung (Ausnahmeflächen) auf längeren Termin zurückgestellt“ (Anm. Hier handelt es sich um einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren). „Bauamt und Bürgermeister werden beauftragt, im Grünbereich zwischen Altlandsberger Chaussee (Fennpfuhl), Akazienstraße und Landstraße das Setzen von Dauerpegeln zur Sicherung und Auswertung mehrjähriger Dauerpegelmesswerteergebnisse zu veranlassen.“. Dieser Beschlusspunkt wurde mit 13 Ja-Stimmen, 6 Neinstimmen und 1 Stimmenthaltung angenommen. Tatsächlich sind einige Pegel zur Messung der Schichtenwasserbewegung gesetzt worden. Über die Erfüllung dieses Gemeindevertreterbeschlusses liegt bislang der Öffentlichkeit nichts vor.
8.) Klarheit für Investoren
Die gängige Praxis und die Auffassung der Gemeindeverwaltung, dass hydrologische Fragen im Rahmen eines Bebauungsplanes geklärt werden können, greifen hier nicht, denn es fehlt an Grundlagen, deren Erarbeitung einem Investor nicht zugemutet werden kann.
Fredersdorf-Vogeldorf, den 26.08.2015