Aufstellungsziele des BP 33 – Teil „Hydrologie“ Zur Auftragserteilung und zu den erwarteten Ergebnissen
Die Gemeindevertretung hat am 26.01.2017 mehrheitlich den Aufstellungsbeschluss zum BP 33 „Akazienstraße“ gefasst. Darin wurde unter „Aufstellungsziele“ für den Teil „Hydrologie“ unter Punkt 4 bzw. 9 beschlossen:
- – „Öffnung des Grabens, soweit das hydrologische Gutachten ergibt, dass sich die hydrologische Situation im Plangebiet sowie in den anliegenden Wohngebieten dadurch nicht verschlechtert.“ (Punkt 4)
- – „Klärung der Versickerung des auf der Fläche anfallenden Regenwassers sowie sonstiger hydrologischer Auswirkungen einer Bebauung zur Vermeidung von negativen Auswirkungen auf die umliegenden Wohngebiete (Landstraße, Taubenstraße, Akazienstraße, Baumschulenstraße, Ebereschenstraße, Ulmenstraße, Lange Straße). Dazu ist ein für das Verfahren notwendiges hydrologisches Gutachten durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bzw. eines bei der IHK gelisteten Sachverständigen, der von der Gemeinde ausgewählt wird, vom Vorhabenträger auf seine Kosten zu beauftragen. Die Aussagen der beiden bereits erstellten hydrologischen Gutachten aus dem Jahr 2001 sowie die Stellungnahme der Unteren Wasserbehörde aus dem Jahr 2002 sind in die Gutachtenerstellung mit einzubeziehen und die getroffenen Aussagen zu veri- bzw. falsifizieren. Zudem sollen Fragestellungen und Erfahrungsberichte der Bürgerinnen und Bürger, der Gemeindevertreter und sachkundigen Einwohner sowie der Beiräte aus Fredersdorf-Vogelsdorf, die sich auf den im ersten Satz genannten Arbeitsauftrag beziehen und die bis zu einem Monat nach Aufstellungsbeschluss bei der Gemeindeverwaltung eingehen, im Gutachten geklärt werden.“ (Punkt 9)
- Auftragserteilung klar definieren
Die Punkte 4 und 9 des Aufstellungsbeschlusses sind bei Auftragserteilung inhaltlich zu untersetzen. Das bedeutet die Bereitstellung eines Prüfinstrumentariums. Mit ihm muss feststellbar sein, ob das Ziel erreichbar ist oder nicht, – nämlich dass von der Bebauung keine „negativen hydrologischen Auswirkungen auf die umliegenden Wohngebiete“ ausgehen.
Die Bereitstellung eines solchen Prüfinstrumentariums ist Kernpunkt des Auftrags, denn es handelt sich beim BP 33 um eine geplante Wohnsiedlung mit Wirkung auf ein hydrologisch hoch belastetes Gebiet und nicht um „normales“ Bauland. Daraus ergibt sich eine Besonderheit: Das Prüfinstrumentarium muss unstrittige Beweiskraft haben.
- Charakter der Niederung/Wassereinzugsgebiet
Erläuterung der Probleme, die sich mit Punkt 4 und 9 der Aufstellungsziele ergeben: Das Gebiet „Akazienstraße/Landstraße“, Teil eines Grünzuges, ist Bestandteil einer Niederung (Eiszeitliche Rinne), die zwei Fließe (Fredersdorfer Mühlenfließ und Neuenhagener Mühlenfließ) miteinander verbindet. Eine Wasserscheide trennt die weiträumigen Zuflüsse von Oberflächen- und Schichtenwasser. Das Zuflussgebiet von der Wasserscheide in Richtung Neuenhagener Mühlenfließ umfasst ein großes Gebiet von Wohnbebauung, Straßenland, Grün- und Ackerflächen. Pfuhle und Senken/Staubereiche charakterisieren Besonderheiten der Niederung. Sichtbare Gräben sind künstliche Entwässerungs-/Meliorationsgräben, die im Zuge der landwirtschaftlichen Nutzung bzw. Wohnbesiedelung entstanden. Vor-Ort-Kenner wissen, dass das hier typische Schichtenwasser keine einheitliche Fliessrichtung hat, teilweise verändert diese sich im weiten Bogen um 180 Grad.
Die Niederung hat bezüglich des Landschaftswasserhaushaltes mehrere Funktionen:
- – Durch ihre Wasseraufnahmekapazität (Pufferkapazität) bindet sie Regenwasser in der Landschaft und verhindert so ein schnelles Abfließen aus der Fläche mit den katastrophalen Folgen des Austrocknens (siehe Positionspapier NABU Fredersdorf-Vogelsdorf, Ortsgruppe „Maßnahmen zur Rettung des Landschaftswasserhaushaltes im Einzugsbereich des Fredersdorfer Mühlenfließes, März 2016). Die ökologischen Funktionen des Landschaftswasserhaushaltes werden in den Aufstellungszielen zum BP 33 ignoriert.
– In regennassen Jahren und bei anhaltenden Starkregenereignissen wiederum verhindert die Niederung mit ihrer Pufferfunktion Wasserschäden.
In den letzten Jahrzehnten konnten Vor-Ort-Kenner große Schwankungen des Schichtenwassers beobachten. Um ausschließen zu können, dass vom Schichtenwasser keine negative Beeinflussung durch die Bebauung ausgeht, benötigt man Kenntnis von Scheitelwert und Periodendauer dieser Schwankungen. In der Vergangenheit wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass dieses Gebiet schon jetzt bei Starkregenereignissen und in regenreichen Jahren hoch belastet ist und ohne jede Einschränkung die Pufferfläche des noch vorhandenen gesamten Grünzugs braucht.
Bisher traten nur bei äußersten Extremereignissen Wasserschäden an Häusern, Grundstücken und Straßenkörpern auf. Sobald die Pufferflächen dieses Niederungsgebietes weiter reduziert werden, ist mit steigenden Schäden durch Schichtenwassers zu rechnen. Dabei ist es völlig egal, ob die Fläche mit 20, 30 oder 50 Häusern bebaut wird. Kompensationsmöglichkeiten dieses Verlustes sind nicht erkennbar.
Der Fennpfuhl sammelt Regen- und Schichtenwasser eines flächenmäßig umfangreichen Einzugsgebietes. Die Zuflussmengen haben in den letzten Jahren bei Starkregen rapide zugenommen. Gründe dafür sind: Versiegelung durch Wohn- und Straßenbau und damit einhergehende Reduzierung von Pufferflächen. Jüngste Zuleitungen in den Fennpfuhl erfolgen durch den verrohrten Abfluss von Teilen der L 30, des weiteren vom sogenannten Quartiers 4 (Aldi Nord, Menzelstraße usw.); vorgesehen ist ein verrohrter Abfluss aus der Baumschulenstraße, um einiges aufzuzählen. Erstmals kam es bei Starkregen zur Überlastung des Fennpfuhls durch den Bau der Vogel- bzw. Fernsehsiedlung. Als Gegenmaßnahme bezüglich eingetretener Schäden an Wohngebäuden entstand die Verrohrung vom Fennpfuhl bis zur Waldkante/Landstraße. Damit konnte das Wasser schadlos an Wohngebäuden vorbeigeführt werden. Wegen fehlendem Gefälle zum Neuenhagener Mühlenfließ mussten Pumpen zur Weiterleitung eingesetzt werden. Die Zuflussberechnung des Fennpfuhls, seine Ablaufkapazität und Schichtenwasserbildung spielt also eine zentrale Rolle bei der Untersuchung der Realisierbarkeit der Aufstellungsziele Punkt 4 und 9 des BP 33.
Hierher gehört auch das Problem “Grabenöffnen“. Bisher sind „Verrohrung“, ihre eventuelle, vielmehr wahrscheinlich notwendige Erneuerung sowie das Problem „Grabenöffnen“ und dessen Konsequenzen nicht ernsthaft untersucht worden. Die Faktoren, die zur Verrohrung geführt haben, sind in den Prüfvorgang „Grabenöffnen“ einzubeziehen, was Angaben über Schichtenwasserschwankungen in Verbindung mit mangelnden Abflussmöglichkeiten auf Grund des Geländereliefs voraussetzt.
- Anmerkungen zur Stellungsnahme der Unteren Wasserbehörde, Umweltamt Märkisch Oderland vom 4. März 2002. Bauvorhaben Akazienstraße in Fredersdorf/Nord.
Beurteilung der hydrologischen Verhältnisse
Die Stellungnahme der Unteren Wasserbehörde vom 4. März 2002 hätte wegen Aussagen mit fehlender Beweiskraft nicht abgegeben werden dürfen. Die meisten Aussagen sind lediglich Behauptungen, weil nicht nachvollziehbar, d. h. ihr Wahrheitsgehalt ist nicht prüfbar. Bei der Klärung von Problemen im ingenieurwissenschaftlichen, technischen, naturwissenschaftlichen Bereich ist solche Arbeitsweise nicht üblich.
Typisches Zeichen für die fehlende Nachvollziehbarkeit sind die vielen unbestimmten Zahlwörter in der Stellungsnahme wie „oberhalb eines bestimmten Wasserstandes…“ (Welchen Wasserstandes?), oder der Satz „Auch der Schichtenaufbau am Nordrand des Plangebietes lässt darauf schließen, dass beim Erreichen bestimmter Wasserstände ein entsprechender Austritt des Schichtenwassers in das Grabenprofil erfolgt.“ (Wie ist der Schichtenaufbau? Erreichen welcher Wasserstände? Welcher Austritt?). Das Gefälleverhältnis wird als Mittelwerte angegeben. Mittelwerte unterliegen schon per Definition Abweichungen, über deren Bedeutung man bezüglich des Plangebietes nichts erfährt. Keine Angabe ist durch Quellen belegt. Punkt 2 und 3 der wasserbehördlichen Stellungsnahme enthalten zumeist nicht nachvollziehbare Aussagen, obwohl genau daraus Schlussfolgerungen (Punkt 4) zugunsten einer Bebauung gezogen werden. Demzufolge haben diese Aussagen keine unstrittige Beweiskraft.
- Bebauung ja oder nein. Methoden einer möglichen Entscheidungsgrundlage für rechtssichere Aussagen Ziel Punkt 9 des Aufstellungsbeschlusses zum BP 33 (siehe oben)
„Klärung der Versickerung des auf der Fläche anfallenden Regenwassers sowie sonstiger hydrologischer Auswirkungen einer Bebauung zur Vermeidung von negativen Auswirkungen auf die umliegenden Wohngebiete (Landstraße, Taubenstraße, Akazienstraße, Baumschulenstraße, Ebereschenstraße, Ulmenstraße, Lange Straße).“
Wie zuvor erläutert, handelt es sich bei der Auftragserteilung um eine komplexe hydrologische Untersuchung. Ihr Umfang ist sowohl durch die Fläche des BP 33 gegeben, als auch dadurch, dass bei bestimmten Regenereignissen in die Fläche des BP 33 in Abhängigkeit vom Vorhanden– oder Nichtvorhandensein eines Grabens unterschiedliche Wasserströme hineinlaufen. Dieses komplexe Problem ist unter dem Aspekt zu untersuchen, dass durch die Bebauung die Pufferfläche auf die Hälfte reduziert werden soll. Leider fand der Vorschlag in der Gemeindevertretung, das hydrologische Verfahren der detaillierten Planarbeit am BP 33 voranzustellen, keine Zustimmung. Ein solches Vorgehen hätte der Notwendigkeit, Fachwissen verschiedener Institutionen zusammenzuführen, deutlich besser entsprochen.
Ein Monitoring in diesem sensiblen Gebiet scheint notwendig zu sein, um zu klären, ob von der Bebauung negative hydrologische Auswirkung auf die bebaute Umgebung ausgeht. Unter Monitoring ist hier zu verstehen: systematische Erfassung, Messung, Beobachtung, Überwachung der Wasserbewegungen mittels technischer Beobachtungssysteme. Welche empirischen Gegebenheiten zu erfassen sind, hängt vom Modell ab, das zur Darstellung/Simulation der Prozesse Anwendung findet. Allerdings führt kein Weg daran vorbei, für das Modell die spezifischen Daten vor Ort zu erfassen. Eine Computeranimation der konkreten Vor-Ort-Verhältnisse wird erwartet.
- Zeitfenster
Unbedingt zu erwarten ist eine rechtzeitige Information über die Untersuchungsergebnisse vor dem Auslegungsbeschluss. Inwieweit die beauftragte Hydrologie-Institution im Rahmen eines Monitorings Erfahrungswerte der Anwohner bezüglich Regen- und Schichtenwasser einbeziehen möchte, muss sie im Rahmen ihrer Bearbeitungsschritte klären.
Als Ansprechpartner dafür steht Dr. Jörg Stapel, Akazienstraße 31 in 15370 Fredersdorf-Vogelsdorf zur Verfügung.