Hier meine Gedanken zur letzten Sitzung der Gemeindevertretung am 22.12.2016.
Wer sich genau über den Wortlaut informieren möchte, der sollte sich bitte das Sitzungsprotokoll im ALLRIS – Bürgerinformationssystem abrufen. Hier dann bitte die Sitzung im Kalender vom 22.12. anklicken. Irgendwann, wenn dies von der Verwaltung eingestellt wurde, sind dann oben rechts neben der Bekanntmachung auch die Protokolle zu finden. Mikrofone waren ja sowohl für die Gemeindevertreter als auch für das Publikum aufgestellt.
Es war sehr von Vorteil, dass trotz des Termins so kurz vor Weihnachten viele von uns Anwohnern kommen konnten. Noch vor Beginn der Sitzung wurden in kürzester Zeit 44 Unterschriften zur Erhaltung der grünen Außenbereiche der Gemeinde Fredersdorf-Vogelsdorf gesammelt.
Frau Boßdorf leitete die Sitzung. Angesichts des immer voller werdenden Saals – es mussten noch extra Stühle reingetragen werden – setzte sie eine zusätzliche halbe Stunde für Einwohnerfragen zum Bebauungsplan BP 33 „Akazienstraße“ mit auf die Tagesordnung.
Herr Lindenberg, der sich auch schon im Hauptausschuss gegen eine Aufstellung des BP33 aussprach, beantragte eine namentliche Abstimmung.
Nach den ersten regulären Tagesordnungspunkten begann die eingeräumte halbe Stunde für Fragen zum BP33. Frau Boßdorf agierte hier sehr ungeschickt in der Zuteilung des Rederechts. Ihr hätte doch klar sein müssen, dass viele im Saal mit reichlich Frust erschienen waren. Immerhin kam heraus, dass bereits seit vielen Monaten im stillen Kämmerlein Überlegungen zur Bebauung des „Dreiecks Akazienstraße“ liefen, welche nun in einer Hau-Ruck-Aktion noch ganz schnell in der Vorweihnachtszeit, mit Aufstellung des BP33, abgesegnet werden sollten.
So fiel Frau Boßdorf fast jedem ins Wort, der sich nicht mit einem einzigen Fragesatz begnügen wollte. Dies führte dann mehrmals zur Diskussion darüber, was denn nun ein Fragesatz sei und was nicht. Wegen der entstandenen Unruhe wurde auch die Glocke geschwungen. Eine Steigerung war dann noch der Ausruf „Ich habe hier das Hausrecht!“.
Die Fragen gingen hauptsächlich (alle?) an Herrn Bürgermeister Krieger, der sich bereits in den Ausschüssen als Verfechter des BP33 äußerte. Sie bezogen sich zusammengefasst auf folgende Punkte:
– Die hydrologische Situation:
Anwohner im direkten Randgebiet des BP33-Geländes schilderten die Probleme mit dem Schichtenwasser, wie sie bereits jetzt schon vorhanden sind. In wieweit verschlimmert sich nach Bebauung die Schichtenwasserproblematik?
Herr Dr. Puls verwies auf die Grundsatzentscheidung der Gemeindevertreter (Beschluss 116/ 2005) die Bebauung auf längeren Termin zurückzustellen und eine mehrjährige Messung und Auswertung der Grundwasserpegel durchzuführen. Die Messungen über einen längeren Zeitabschnitt blieben aber aus, womit nun die Grundlage zur Beurteilung der hydrologischen Situation fehlt!
– Infrastruktur:
Die Problematik der Zufahrtsstraßen in das neue Wohngebiet wurde angesprochen. Die Anwohner befürchten hohe Beteiligungen an den Straßenbaukosten für den Fall, dass ihre Straße nicht mehr am Grünzug endet, sondern wegen der Zuführung in das Neubaugebiet ausgebaut werden muss. Ebenso gab es Bedenken was die Trinkwasser- und Abwasserleitungen betrifft. Schon jetzt reicht am Straßenende in den Sommermonaten der Wasserdruck nicht einmal mehr für den Betrieb der Waschmaschine aus.
Weiterhin wurde in Frage gestellt, ob denn genügend Schul- und Kitaplätze vorhanden wären.
– Ortsbild, Verdrängung der letzten Grünflächen:
Wie lässt sich die nun geplante Bebauung mit dem „Leitbild 2030 Fredersdorf-Vogelsdorf“ (Auf der Grundlage des Beschlusses: BE-BV/0780-2011 der Gemeindevertretung vom 29.09.2011) vereinbaren?
Im Leitbild steht u. a.:
„Wir verpflichten uns, den nachfolgenden Generationen die natürliche Umwelt zu erhalten und dadurch Lebensqualität zu sichern. Dies beinhaltet auch ein Ressourcen schonendes Handeln in allen Lebensfeldern und das Ausschöpfen regenerativer Energiepotentiale.
Innerhalb des Siedlungsbereiches sind die Grünzüge im Ort unbedingt zu erhalten.“
„Das Leitbild soll Ziele der Entwicklung benennen, die als Rahmen für Einzelbeschlüsse und für das Verwaltungshandeln dienen sollen.“
Herr Krieger versuchte hier jeweils beschwichtigend die Fragen zu beantworten. Aspekte zur hydrologischen Situation wären jedoch erst nach Beschluss der Aufstellung des BP33 im Beteiligungsverfahren zu klären. Dies war eigentlich auch der Grundtenor der Antworten zu den anderen Fragen.
Schulerweiterungsbauten aus den Planungen für die aktuelle Einwohnerzahl wurden als ausreichend für die zu erwartende steigende Schülerzahl bei entsprechender Ortsvergrößerung verkauft.
Immer wieder wurde in belehrender Art erklärt, was „rechtlich bindend“ sei und was nicht. So, als gäbe es hier den Zwang, auf Grund eines uralten Flächennutzungsplans, die ganze Niederung vollzubauen.
Oftmals hatte ich den Eindruck, dass bei der Beantwortung gleichzeitig Tatsachen verdreht wurden. Wie z.B. beim Punkt der unbedingt zu erhaltenden Grünzüge (im Leitbild der Gemeinde festgeschrieben). In seiner Antwort enthalten war die Formulierung, diese würden doch erst durch die Bebauung erschaffen werden. (???) In der Antwort auf meine Nachfrage wie dies zu verstehen sei, da doch bis auf einen schmalen Reststreifen der Grünzug bebaut werden soll, wurde der Grünzug kurzerhand als Brachfläche bezeichnet.
Herr Bergner kritisierte in seiner Frage an den Bürgermeister dessen schwülstige Antwortformulierungen.
Statt der eingeräumten halben Stunde Fragezeit war inzwischen weit mehr als eine Stunde vergangen. Immer wieder gab es neue Anfragen. Die Veranstaltung entwickelte sich wohl ganz anders, als es von den Befürwortern der Bebauung geplant war. Dies ging sogar soweit, dass Herr Krieger dazu Stellung nehmen musste, ob er denn nun in diesen Punkten persönlich befangen sei. (Bitte ggf. im Sitzungsprotokoll nachlesen.)
Herrn Dr. Puls wurde nun angeboten weitere Fragen gesammelt im Januar einzureichen. Dies führte auf Grund der kurzen Frist zu Unverständnis im Publikum.
Anschließend hatten vor der geplanten Abstimmung die Gemeinderatsmitglieder das Wort.
Von der SPD-Fraktion wurde ein neuer Änderungsantrag eingereicht. Dieser baute nun auf mehr Konsens, nachdem der letzte Änderungsantrag im Hauptausschuss gescheitert war. Herr Heiermann beklagte dies und warb für den neuen Antrag, welcher als Auflage zum BP33 ein ausführliches neutrales hydrologisches Gutachten forderte.
Für eine Aufstellung des BP33 warben u. a. Herr Paulus, Herr Arndt und Herr Auschner.
Gegen eine Aufstellung argumentierten neben Herrn Heiermann auch Herr Heilmann und Herr Lindenberg.
Für eine Überraschung sorgte dann Herr Weihs mit dem Antrag der W.I.R.-Fraktion die Beschlussvorlage zurückzuziehen.
Herr Weihs stellte die Frage in den Raum, ob denn der immer weitere Ausbau der Gemeinde, und die damit einhergehende Zerstörung der restlichen Grünflächen, noch mit einer nachhaltigen Ortsentwicklung vereinbar wäre. Damit würde ja genau das vernichtet werden, was die Attraktivität von Fredersdorf-Vogelsdorf ausmacht: Die Nähe zur Natur.
Von Herrn Heiermann wurde der Antrag der W.I.R.-Fraktion begrüßt. Nur falls dieser nicht durchkommt, und um „schlimmeres zu verhindern“, wäre der Änderungsantrag der SPD-Fraktion zu unterstützen.
Hiermit war nun endgültig der Punkt gekommen, an dem Herr Krieger es nicht mehr zu einer Abstimmung kommen lassen wollte.
Es war nicht mehr absehbar, dass der Gemeinderat die Aufstellung mehrheitlich beschließen würde. Er zog die Beschlussvorlage zurück und „versprach“ (noch nicht genauer spezifiziert) eine Art Anwohner-Fragestunde für den Januar 2017.
Die Vorlage liegt also bald wieder zur Abstimmung an. Vielleicht mit einigen kosmetischen Änderungen. Bis dahin werden im Vorfeld Mehrheiten geschmiedet.